Muh. Da ich jetzt schon mehrfach gefragt wurde und der eigentliche Bericht noch nicht ganz fertig ist, gibt's hier schonmal das Interview mit Daniel, das ich auf dem P4-Event auf der Lisa von Lübeck aufgenommen habe:
Larnak: Hallo Daniel!
Du hattest bereits in deinem vergangenen GG-Interview über den Multiplayermodus gesprochen. Für das Spiel selbst hast Du ihn schon damals ausgeschlossen. Hat sich dazu mittlerweile Näheres ergeben? Wie sicher ist ein Multiplayermodus für das Addon?
Daniel Dumont: „Inoffiziell kann ich Dir sagen, dass ich stark davon ausgehe, dass wir ein Addon machen werden. Das Spiel hat auch einen Multiplayer-Kern, das Spiel basiert also auf „Server und Client“-Struktur. Ob wir einen Multiplayer wirklich einbauen, hängt aber vom Publisher ab.
Das würde aber natürlich auch bedeuten, dass es dann andere Features nicht geben wird, wenn es heißt, wir haben für das Addon dieses oder jenes Budget!“
Larnak: „Wenn man sich die Kommentare zu den News und Previews von Patrizier 4 auf verschieden Webseiten so ansieht, taucht fast in jedem die Forderung nach einem Mutliplayermodus auf. Gibt Euch das zu denken?“
Daniel Dumont: „Bestimmte Leute werden das natürlich immer fordern, auch sehr vehement. Aber kann mir irgendjemand sagen, ob sie die Meinung von 1% vertreten oder von etwa 30%? Denn es ist ganz klar: Ein Spiel, das man 100 Stunden oder manchmal auch viel länger spielen kann, das ist normal nicht so einfach für Multiplayer geeignet.“
Larnak: „Bei Anno 1404 gab es eine ähnliche Ausgangssituation: Auch dort waren die Entwickler überzeugt, Anno sei kein Multiplayerspiel. Mittlerweile haben sie den Multiplayermodus im Addon „Venedig“ nachgeliefert und den sehr spaßigen Koop-Modus eingebaut, in dem eine Fraktion von mehreren Spielern gesteuert wird. Habt ihr über eine ähnliche Möglichkeit für Patrizier 4 nachgedacht?“
Daniel Dumont: „Wenn wir sagen, dass es einen Multiplayer gibt, wäre das natürlich eine Möglichkeit: Ich könnte einfach spielen und wenn mein Kumpel kommt, spielt der einfach mit solange er mag. Danach spiele ich einfach alleine weiter. Das wäre natürlich der Vorteil daran, dass man kooperiert und nicht erstmal 2 Stunden lang gar nicht miteinander redet. Man wäre gezwungen, von Anfang an zusammen zu arbeiten, das ist keine schlechte Idee. Aber das steht noch in den Sternen“
Larnak: „Ihr habt euch von Anfang an das Ziel gesetzt, die Einsteigerfreundlichkeit vor allem im Vergleich zu Patrizier 2 stark zu erhöhen. Gleichzeitig haben die Fans im Forum, mit denen Du seit einiger Zeit diverse Themen des Spieldesigns diskutiert hast, ganz klar deutlich gemacht, dass das auf keinen Fall auf Kosten der Komplexität des Spiels geschehen darf.“
Daniel Dumont: „Ja, ich habe mit den Fans vorhin schon einige Beispiele besprochen. Das Handelssystem z.B. ist komplexer. Was aber einfacher ist, ist das Handelsfenster. Du hast zum Handeln nur noch einen Preis und einen Schieberegler pro Ware. Vorher hattest Du immer 2 Preise: Einen Verkaufs- und einen Einkaufspreis, außerdem hattest Du die Stückelung (Anm.d.Red.: 1Fass, 5Fass, 10Fass, ..). Dann musstest Du noch Knöpfe drücken: Kaufen oder Verkaufen. Das alles ist ersetzt worden durch einen einzigen Knopf. Allein das Handelsfenster hat 23 Zahlen und Buttons weniger – ein einziges Menü. Die Komplexität ist natürlich insoweit runtergegangen, als dass es nicht mehr 2 Preise gibt. Ein- und Verkaufspreis machen irgendwie schon Sinn. Aber bei solchen Sachen kann man dann auch sagen „Ok, das ist ein kleiner Verlust für die Komplexität und ein großer Gewinn für die Bedienung“. Und selbst ein Freak, der in das Handelsfenster reinkommt, musste ja erstmal gucken: Was ist denn jetzt der Preis, der wichtig ist? Diese 43 oder diese 50? Jetzt haben wir einen Preis und fertig.
Dann ist der Autohandel viel komplexer geworden, es gibt viel mehr Möglichkeiten als früher. Ich habe es aber einfacher, weil das Menü sich aufklappt und es nur je nach Bedarf immer mehr Optionen werden - Und ich habe ja am Anfang schon gesagt: Benutzerfreundlicher heißt nicht automatisch weniger komplex“
Larnak: „Bei vielen Spielen kann man allerdings genau diese Entwicklung beobachten.“
Daniel Dumont: „Ja, das ist richtig: Bei Anno und Siedler oder so wurde es immer mehr „wischiwaschi“. Aber man kann bei Patrizier nach wie vor pleitegehen und muss nach wie vor die Waren verteilen, darf sie nicht überproduzieren und muss nach wie vor gucken, dass man Abnehmer findet, die den Preis bezahlen – das ist alles geblieben. Nur die Bedienung wird einfacher.“
Larnak: „Ein wichtiger Aspekt an Patrizer 2 war die tiefe Atmosphäre, das Gefühl, in eine Welt einzutauchen, und nicht nur eine Tabellenkalkulation zu „spielen“. Wird das auch bei Patrizier 4 wieder einen hohen Stellenwert haben?“
Daniel Dumont: „Ein ganz ganz großer Teil der Atmosphäre wird durch die Stadtdarstellung kommen. Dass wir jetzt 3D haben, dass die Gebäude von innen nach außen automatisch immer „schrottiger“ werden sozusagen - die reichen Gebäude sind innen, die anderen außen -, dass die Städte und Straßen krumm sind, das ist das Hauptsächliche. Der Stradtschreiber, der herumläuft, oder Ähnliches – das ist da gar nichts gegen. Allein wenn man sich den Screenshot im Hauptmenü anschaut (Anm.d.Red.: Blick von See auf eine Stadt) – da denkt man, wenn man mit den Augen zwinkert, das könnte echt sein. Und das ist eine vom Computer generierte Stadt. Wenn man sich andere Spiele anguckt, z.B. Anno, – die haben immer noch Schachbrettmuster.
Von daher weiß ich, dass wir bei der Atmosphäre sehr viel machen. Auch auf der Seekarte werden noch viele kleine Details kommen, wir werden noch Tiere haben und solche Sachen.
Aber es wird sicher auch einige andere kleine Sachen geben, die nicht genauso sein werden wie damals, das weiß ich noch gar nicht genau, das hängt auch davon ab, wofür wir noch Zeit haben.“
Larnak: „Ihr habt ja bereits jetzt sehr atmosphärische Lichtstimmungen eingebaut!“
Daniel Dumont: „Ja, vor allem, wenn im Winter Schnee liegt. Wir werden auch Schneestürme haben, wir haben Regen, wir werden vereiste Häfen haben. Das alles werden wir optisch sehen können – das ist schon mehr als damals. Wenn man das mit Screenshots von Patrizier Vergleich, da liegen Welten dazwischen.“
Larnak: „Ihr wollt ja jetzt in der Endphase bei der Grafik vor allem noch an den Details arbeiten.“
Daniel Dumont: „Richtig, da kommen vor allem noch Details und Variationen bei Gebäuden dazu. Wir werden da auf jeden Fall atmosphärische Details haben, aber sie werden wahrscheinlich anders sein, weil man sich bei 3D auf ganz andere Dinge konzentriert als bei 2D“
Larnak: „Gerade bei 3D ist es sehr leicht, eine schöne Grafik zu haben und trotzdem atmosphärisch ein kaltes Spiel zu präsentieren“
Daniel Dumont: „Bei 2D ist es z.B. einfacher, Gebäudevariationen zu machen. Die kannst Du einfach in Modelle ballern und nachher abrendern – bei 3D hat man dann längere Ladezeiten – und die Entwicklung dauert auch länger. Daher hat man dann bei 3D wahrscheinlich weniger Gebäudevariationen, aber dafür passen sie dann besser ins Bild. Patrizier ist natürlich auch keine Riesenentwicklung, bei der 20 bis 30 Mann 2 Jahre dran sitzen. Da muss man sich natürlich auf bestimmte, wichtige Dinge konzentrieren.
Was unser Ziel eigentlich sein sollte – und ich glaube, das hat man heute gemerkt – ist eine allgemeine Authentizität. Wenn in den Städten z.B. ganz viele Menschen herumlaufen und die nicht verknubbelt sind – da entsteht eben ein bestimmter Eindruck von Echtheit. Das zieht sich durchs ganze Spiel, die ganze Simulation, es ist alles echt. Das ist eine kleine, feine Simulation, aber es wird nicht geschummelt oder so. Das sollte jetzt noch stärker kommen als bei Patrizier 2, auch da war das schon ein großer Punkt.“
Larnak: „Bei Patrizier 2 waren die Konkurrenten und KI-Gegner kaum von Belang und bestenfalls nervig. Für Patrizier 4 habt ihr jetzt Konkurrenten mit eigenen Persönlichkeiten angekündigt – wie wird das genau aussehen?“
Daniel Dumont: „Es ist so: Wir haben ja jetzt die Städte im Spiel in 8 Regionen eingeteilt. In jeder Region gibt es einen Konkurrenten. Denn das Problem war ja, das haben wir auch im Forum mit den Fans schon länger erörtert, dass die Konkurrenten zu schwach waren und sich teilweise selbst abgeschossen haben. Da haben wir uns dann überlegt, wie wir das prinzipiell auf eine Basis stellen, dass sie per se stabiler sind.
Wir machen das jetzt so, dass in jeder Region ein Computer-Händler Dein Konkurrent ist, also insgesamt haben 8 verschiedene Persönlichkeiten.“
Larnak: „Handeln die dann jeweils nur in ihrer Region?“
Daniel Dumont: „Nein ,die sind überall aktiv, sie produzieren aber nur in ihrer jeweiligen Region und bauen auch nur dort Wohnhäuser. Das bedeutet, jeder Fellbetrieb in der Region Russland gehört Deinem russischen Konkurrenten. Dieser Konkurrent hat ein Gesicht, sieht natürlich aus wie ein Russe, hat so eine typische Frisur und spricht auch mit Dir. Er hat ein animiertes Konterfei, so groß wie die Minimap. Er schnauzt Dich an, wenn Du Sabotage machst, er begrüßt Dich ein bisschen sarkastisch, wenn Du in Novgorod Dein Kontor baust. So quittiert er 10-20 Aktionen die er oder Du macht. Der Witz an der Sache ist : Er kann nicht pleitegehen, das ist nicht möglich.“
Larnak: „Kann er auch vom Spieler nicht besiegt werden?“
Daniel Dumont: „Doch, Du kannst sie kaputt machen. Du kannst ihnen z.B. alle Betriebe zu einem Wahnsinnspreis abkaufen. Dann ist er natürlich steinreich und hat keine Betriebe mehr – aber wenn er dann irgendwo eine Möglichkeit findet, baut er auch wieder einen Betrieb. Aber das macht er nicht, solange in der Welt aber alles in Ordnung ist, also alles gut versorgt ist. Das haben wir gemacht, damit da nicht plötzlich zu viele Waren in der Welt sind.
Aber vom Prinzip her kann er nicht pleitegehen, denn er versorgt ja die ganze Hanse z.B. mit Fellen und ihm gehören die ganzen Wohnhäuser, in denen die Fellarbeiter wohnen, denn er ist ja der einzige dort. Und wenn Du jetzt z.B. in Lübeck oder in der Region Deutschland sagen wir mal 150.000 Einwohner aufbringst, dann produziert er die Felle für Deine 150.000 Leute und verdient also an Dir mit. Er wird erst groß mit Dir und wenn Du dann das erste mal zu ihm rübergehst, dann ist es nicht wie bei Patrizier 2, dass du plötzlich einen siehst, der 2 Millionen Miese hat. Dann hast Du da einen Konkurrenten, der ordentlich Power hat, der einen ganzen Haufen Schiffe hat – die muss er ja bauen, weil er sonst die Felle nicht wegkriegt – ok, das hättest Du auch übernehmen können – aber er muss natürlich eine gewisse Grundstärke erreicht haben. Mit dem hast Du Dich dann anzulegen. Wenn Du dann seine Fellbetriebe übernehmen willst und ihn verdrängen willst, dann hast Du es nicht mit einer Produktion von tausend oder zweitausend Fass zu tun, sondern vielleicht mit 20.000. Du musst dann ein Vielfaches auf den Markt werfen, um ihn in einem Preiskampf wegzudrängen. Und das ist Fakt, sie können nicht kaputt gehen, sie sind also für den Spieler viel konkreter und vor allem vom Prinzip her viel stabiler, also von der Art, wie sie agieren. Was wir aber nicht gemacht haben ist menschliches Verhalten, das wäre ein Spiel für sich.“
Larnak: „Starten die Konkurrenten genau wie der Spieler mit einzelnen Schiffen in die Welt?“
Daniel Dumont: „Nein, die sind schon da und haben schon einige Betriebe. Sie koexistieren aber friedlich mit Dir, da braucht man als Spieler keine Angst haben. Erst wenn Du anfängst, sie zu provozieren oder so, dann kann es auch sein, dass sie gegen Dich vorgehen.
Aber darum geht es auch nicht primär. Es geht darum, dass der Spieler einen starken Gegner hat und nicht so einfach Bürgermeister wird und plötzlich der einzige ist, der da Waren produziert. Das ist bei Patrizier 2 so passiert, da jeder alles machen durfte. Dann hattest Du manche, die waren ganz stark und andere haben sich selbst abgeschossen, weil sie nur Verluste eingefahren haben. Das geht jetzt gar nicht mehr.“
Larnak: Man hat dadurch also auch beim Kampf um das Eldermannamt greifbare Konkurrenz?
Daniel Dumont: Ja, aber auch schon beim Bürgermeisterposten. Denn der Konkurrent ist von Anfang an schon mit Dabei: In Deiner Heimatstadt ist immer der Konkurrent Deiner Region schon Bürgermeister oder kandidiert zumindest mit dafür.
Larnak: Danke für das Gespräch!
Dieser Beitrag wurde bereits 4 mal editiert, zuletzt von »Larnak« (26. Mai 2010, 01:09)
Zitat
Daniel Dumont: Kalypso wäre sicher nicht wahnsinnig überrascht, wenn das Spiel im Ausland nicht so erfolgreich wird. Das Wichtigste ist deshalb, dass wir das Spiel so effizient wie möglich entwickeln. Aber: In Spanien haben wir von Patrizier 2 - Geld und Macht damals 80.000 Einheiten verkauft. Wir sind explizit auf die "Seefahrernationen" wie Benelux, Skandinavien, Spanien und Italien zugegangen und hatten dort auch Erfolg!
(Spätestens wenn die Mods mal wieder ausmisten! 
(mit denen konnte man auch nachts um drei noch chatten, welche Firma macht sowas auch?)
