Gut, um mal wieder zum Thema zu kommen:
Es kann Ubi herzlich egal sein, ob sie bei Anno2070 schwarze Zahlen schreiben oder nicht. Viel wertvoller als dicke schwarze Zahlen ist bei dieser Version einfach nur der Umerziehungseffekt. Die Kundschaft soll von Version zu Version in sanften Schritten hin zu always on und zu Gimmick-kaufenden Abo-Schafen umgebastelt werden. Erst dann wird die richtig dicke Kohle eingefahren. Rote Zahlen bei 2070? Pah! Reine Investition. Natürlich wird das ganze als zwingend notwendige Maßnahme im ewig währenden Wettrüsten mit den Raubkopierern verkauft und gängelnde Anmeldungen sowie im Hintergrund laufende Spyware, von denen nur die Hersteller selbst genau wissen, was da alles zurück nach Hause telefoniert wird, versteht sich nun als "Service". Klar!
Die vollmundig verkündete Abkehr von always on hin zum "einmal registriert - immer offline" entpuppt sich für die Offline-Spieler als reine Bestrafung. Kein always-on, kein ganzes Spiel, keine Arche, keine Forschung, keine Hände, keine Kekse. Gut, kann man auch als Kopierschutz betrachten, ein Online-Feature ist es jedenfalls nicht, denn sonst könnte man auch automatische Handelsrouten und überhaupt alles als solches bezeichnen. Etwa eine Woche hat es gedauert, bis Anno gecrackt war. Raubkopierer haben jetzt aber ebenfalls das Problem mit der Arche. Doch wer wird hier wirklich bestraft? Es ist der ehrliche Offline-Spieler-Kunde! Denn erstens wäre der sicherlich auch zufriedener gewesen, wenn zwar die Arche nicht geht, er das Game aber ebenfalls umsonst bekommen hätte und zweitens kommen die meisten Raubkopierer garnicht bis zu dieser Einschränkung. Bis dahin ist nämlich der Keks für drei andere aktuelle Top-Seller draußen und die wollen auch mal angezockt werden.
Kurz: Es geht garnicht um Raubkopierer. Die meisten hätten eh nicht gekauft. Es ist ein reiner Offline-Kunden-Schutz. Diese noch nicht umerzogenen sind das eigentliche Problem. Die müssen sich erst noch ausschimpfen über verlogene Verkaufspraktiken, Rechtebeschränkung (Bei Nichtgefallen kein Verkauf möglich) über die Datensammelwut und dass niemand checkt, wo das endet. Beim Support kann er sich dann ja ein paar Textbausteinchen abholen oder sich von den Fanboy-Mods erklären lassen, dass nicht der Kunde oder der gesunde Menschenverstand entscheidet, ob die Arche nun ein ganz klares Offline-Feature ist, sondern die Macher. Bestimmt! Und seht euch vor! Ob ein X ein U ist, eine Kaffetasse nicht vielleicht doch ein Fahrrad, oder was Recht und Unrecht ist wird in Zukunft möglicherweise auch von Ubi entschieden.
Ich vermisse mittlerweile auch so eine gewisse Abgrenzung in moralischer Hinsicht. Leute bitte helft mir auf die Sprünge: Was ist denn jetzt eigentlich das schändlichere Gebaren? Den Kunden hinsichtlich Offline-Spielumfang in die Irre zu führen und ihm gleichzeitig die Möglichkeit nehmen, seinen provozierten Fehlkauf mit einem Weiterverkauf halbwegs zu heilen
oder
sich das Game samt Keks irgendwo zu ziehen. Ja, das hört sich voll kriminell an ich weiß. Hatte ein ganz mulmiges Gefühl das zu schreiben. Dieses ganze mit dem Urheberrecht jagt einem doch ein wenig Angst ein. Aber jetzt so nachdem KT zu Guttenberg nach 8 Monaten Amerika-Urlaub wieder voll durchstartet bin ich mir wirklich nicht mehr so ganz sicher ob diese ganze Angst wirklich gerechtfertigt ist und man deshalb jede Kröte zu schlucken hat, die einem auf so eine Art und Weise angedreht wird.
Und wenn ihr schon dabei seid, erklärt mir bitte, wie die Branche es schafft, den Leuten wirklich weiszumachen, dass ein ominöser "Service", bei dem man sich mit persönlichen Daten anmelden soll, es keine andere Möglichkeit gäbe um ganz dolle schlimme Raubkopierer und damit den Tod der gesamten armen armen Branche und damit den Weltuntergang abzuwehren und es dann
ca. eine Woche
dauert, bis dieses ultradolle mit sorgfältigst eingegebenen persönlichsten Daten geschützte Anno gehackt zum munter fröhlichen Umsonst-Download bereitsteht? Ist da eigentlich irgendjemand zu Hause?
Aber die Umerziehung betrifft ja nicht nur Offline-Kunden. Die Umerziehung findet breitbandig statt: Wenn aktuell erstmals Ziergebäude komplett in der Grundversion fehlen, braucht sich beim nächsten Anno niemand beschweren, dass man sie nun einzeln für 2,99 € nachkaufen muss, beim Vorgänger fehlten sie ja anfänglich auch, hat sich auch niemand großartig beschwert. Warum eigentlich nicht?
Weil es bisher immer so war, dass es in der Grundversion weniger gab als in den Vorgängern. Ob es weniger bebaubare Fläche, weniger Waren, lausige bis fehlende Kampagnen, weniger Kommunikation mit den Machern, schlechterer bis garkein Support oder weniger Wiederverkaufsrechte sind, es wird solange immer weniger geben, bis man 50 € allein für die großzügige Erlaubnis des großen Ubi bezahlt, sich das Spiel danach Stück für Stück zusammenkaufen zu dürfen.
Klingt schon wie Verschwörungstheorie? Bin noch garnicht fertig:
Warum wohl werden diese Uplay oder Origin-Accounts und wie sie alle heißen klammheimlich mit aus Sicht von Verbraucherschützern zu geringer Vorabinformation des Kunden aus dem Boden gestampft? Wofür die personenbezogenen Daten? Wofür überhaupt eine personengebundene und nicht übertragbare Nutzung eines Spieles? Klar, die Hersteller schalten den Gebrauchtmarkt ab, aber das ginge auch völlig anonym. Ansonsten aber bringt das doch eigentlich keinerlei Vorteile, weder für die Hersteller und schon garnicht für den Kunden. Noch nicht. Vollendet ist das ganze wahrscheinlich erst, wenn damit ein direkter Draht auf das Konto des Kunden geschaltet ist. Kontor bauen? Kein Problem! Kein lästiges Paypal oder Vorkasse! Einfach in Echtzeit und ohne den Spielspaß zu trüben abgebucht. Mittlerweile begeben sich die Hersteller sogar an den Rand der Legalität um solche Melkmechanismen einzuführen. Es kann ihnen nämlich garnicht schnell genug gehen, denn wenn die besten Plätze erstmal besetzt und die Konkurrenz die Standards gesetzt hat, ist man weg vom Fenster.
Genau deswegen hilft es nicht, dass Verbraucherschützer schon seit Jahren Alarm schlagen und mal mit einer Abmahnung hier und einer Erwirkung dort für lächerliche Strafen oder Verfahrenseinstellungen gegen Gebühr vorgehen.
Es hilft allein, solche Produkte im Regal zu lassen.
Und ja (ich wiederhole mich), eine 1-Stern-Rezension allein wegen des "Kopierschutzes" ist gerechtfertigt, wenn er wie hier in Wirklichkeit keiner ist und stattdessen allein die ehrlichen Kunden gängelt.
Dieser Beitrag wurde bereits 2 mal editiert, zuletzt von »xonox« (2. Dezember 2011, 01:27)