Moin.
Ich spiele Anno. 1602 hat mich verliebt gemacht. 1503 war / ist meine große Liebe. 1701 ist wie eine attraktive Frau, die beim näheren Kennenlernen schnell langweilig wird. Mehr als eine kurze Affäre ist mit ihr nicht drin und ich bin wieder in den Schoß meiner alten Liebe zurückgefallen. Sie ist alt und wir kennen uns. Aber es ist Anno 1503. Ich liebe sie.
Warum tue ich das hier kund?
Ich bin ein Endlosspieler. Anno ist für mich Gemütlichkeit, Ruhe und Schaffenskraft. Ich bin als Anno-Spieler ein Romantiker. Warum schaue ich mir sonst mit konsequenter Impertinenz an, wie sich die meine Bewohner am Marktstand mit Tabak eindecken und genieße es, wenn ich gerade eine schäbige Pionierhütte gebaut habe, obwohl ich um die Pracht der Aristokratenhäuser weis? Als Anno-Spieler bin ich Idealist. Ich möchte, dass es den Meinigen gut geht. Ich sorge mich. Ich schaffe. Warum? Aus Geltungsdrang? Wer erfährt davon schon? Nein. Um des Schaffens Willen. Anno gibt mir, was in im realen Leben manchmal zu kurz kommt: Romantik und Idealismus.
Warum tue ich das hier kund?
Ich würde mich über eine neue Verliebtheit (anno4) freuen. Dies geht aber nur, wenn anno den gleichen Charme besitzt wie ihn 1602 und 1503 versprüht haben. Mit Unmut musste ich lesen, dass anno mit Raumgleitern realisiert werden könnte. Ein Raumgleiter ist im weitesten Sinne auch ein Schiff. Ein Raumgleiter ist aber nicht anno. Er ist irgendwie steril, er ist fad. Wenn ich Raumgleiter sehen will, gehe ich ins Krankenhaus oder stelle mich vors Kanzleramt. Anno ist nicht das Kanzleramt. Nicht umsonst äußern einige das Unbehagen, sie wollen keine Rauchwolken von Dampfmaschinen sehen. Eben. Rauch sieht man, wenn man sich die Welt anguckt. Das ist aber nicht anno. Viele fordern mehr Realismus in anno. Das ist amüsant. Sprechen wir doch von einem Spiel, dessen Grundlage eine der abscheulichsten Epochen der Menschheit war. Hieran sieht man, anno will nicht den Anspruch des Realismus erheben. Anno möchte beruhigen, es möchte verzücken und einen durch seine Schaffensmöglichkeiten in seinen Bann ziehen. Anno 1602 und v.a. 1503 haben das geschafft. Anno 1701 hatte diesen Reiz nicht. Das belegt der Erfolg. Ein Anno-Spieler ist nun mal ein Romantiker, gutes Aussehen ist dafür nicht entscheidend.
Das soll aber genug der Pathetik sein, auch wenn sie ernster nicht gemeint sein könnte.
Spielmodi
Ich bin ein Endlosspieler. Ein Endlosspiel hat für mich einfach den größten Reiz, da es mir die wenigsten Beschränkungen setzt. Ich kann mich in meiner Schaffenskraft so weit wie möglich austoben. Die Möglichkeiten des Endlosspieles werden für mich auch über den qualitativen Erfolg eines anno4 entscheiden. Komplexität ist hier das Schlüsselwort.
Dennoch kann ich auch den Reiz einer Kampagne für Gelegenheitsspieler nachvollziehen. Dennoch, die anno zugrunde liegende Spielphilosophie ist die der Endlosigkeit.
Setting
Wir ausgiebig erläutert wäre ein Raumgleiter-anno Selbstmord. Man kann ja solche Spiele produzieren, aber bitte nicht unter dem Namen anno. Anno muss die Gemütlichkeit des Seins bleiben. Edelstahl und Schmutz (Industrialisierung) passen da nicht rein, da sie dem anno-Wohlgefühl schaden.
Ich fände es aber reizvoll anno weitere, grundlegende Facetten zu geben. Anno ist die Entdeckung der neuen Welt. Ja. Der Reiz des Neuen, das Schafen aus dem Nichts, das ist anno.
Deshalb sollte an anderen Hebeln angesetzt werden. Z.B. könnten unterschiedliche (spielbare) Kulturen der anno-Welt sicherlich gut zu Gesicht stehen.
Ich denke da z.B. an die Chinesen, die im 15. Jahrhundert mit einer riesigen Flotte den Indischen Ozean beherrscht haben. Ich fände es sehr reizvoll als Gesandter des Kaisers eine chinesische Kolonie zu errichten.
Ebenso könnten europäische Nationen geschaffen werden und mit spezifischen Wirtschaftszweigen und Baukünsten die Halbwertszeit des Spiels erhöhen.
Es könnte auch eine arabische Kultur geschaffen werden. Historisch ist das auch nicht so abwegig. Im bisherigen anno-Zeitraum war der nahe Osten in einer kulturellen Blütezeit. Vom Sultan ausgeschickt , die arabische Kultur in Übersee zu etablieren, fände ich auch spannend.
Kulturpluralität wäre meiner Meinung nach ein großer Fortschritt, der die anno-Welt spannender machen würde und den Reiz erhöht, mehrere Endlosspiele zu beginnen.
Langzeitspaß
Wirtschaft
Der Wirtschaftbereich kann meiner Meinung nach natürlich nicht komplex genug sein.
Was hier bereits diskutiert wird ist die Beziehung der Bewohner zur Arbeit.
Original von annokrat
„wenn jeder bürger arbeitet, dann haben wir das siedler-prinzip.
was mir vorschwebt: die arbeiter in den betrieben sollten auch an die verpflegung und bedürfnisbefriedigung angeschlossen sein. vorstellbar wäre dann auch eine verbesserung der produktion durch höhere entwicklungsstufe der arbeiter, z.b. siedler statt pionier. wobei sich die arbeiter nicht voll durch entwickeln sollten, sieht ja blöd aus wenn kaufleute schafe scheren.“
„vorstellbar wäre dann auch eine verbesserung der produktion durch höhere entwicklungsstufe der arbeiter, z.b. siedler statt pionier. wobei sich die arbeiter nicht voll durch entwickeln sollten, sieht ja blöd aus wenn kaufleute schafe scheren.“
Original von Croaker
„Gerade unter dem Aspekt wäre der Spieler also gezwungen sich Siedlungen mit niedrigen Zivilisationsstufen zu "halten" um überhaupt noch die benötigten Waren produzieren zu können? So gesehen vielleicht keine schlechte Idee, damit die Bewohner dann nicht nur wohnen, sondern auch arbeiten. Bürger würden dann die feineren handwerklichen Arbeiten verrichten und Kaufleute könnten ja dann auch Kontore führen und Handelsrouten einrichten. Nur die faulen Aristokraten könnten sich dann auf die faule Haut legen und fordern immer wieder Bälle!“
Das ist ein sehr wichtiger Punkt, der das anno-Spielen grundlegend ändern und verbessern könnte. Wer wohnt schließlich irgendwo auf einer Insel (zumal vor ein Paar hundert Jahren) und arbeitet nicht?
Deshalb muss eine Siedlung ein Gefüge sein. Jeder der in ihr wohnt geht irgendeiner Tätigkeit nach. Ich stelle mir das folgendermaßen vor:
Mit meinem kleinen Schiff komme in der neuen Welt an und habe, sagen wir mal, 50 Siedler dabei. Mit diesen 50 kann ich nun anfangen, meine Wirtschaft in Gang zu bringen: ein Holzfällerlager-5, eine Fischerhütte-5… Für diese 50 muss ich natürlich Hütten bauen. Und wenn ich neue Siedler brauche? Ich schlage vor, dass es zwei Möglichkeiten gibt: erstens kommen von Zeit zu Zeit Siedler aus der alten Welt, wenn ich ihnen Wohnraum und Arbeit zur Verfügung stelle, bzw. meine Siedler vermehren sich auf natürliche Weise. Wobei man auch bedenken muss, dass nicht alle Bewohner auch arbeiten können. Man müssten zwischen Männern (arbeitsfähig, zu alt), Frauen (arbeitsfähig, zu alt, wobei hier einige Hausfrauen sein müssen) und Kindern unterscheiden. Für verschieden Wirtschaftbereiche braucht man unterschiedliche Qualifikationen und die Siedlung entwickelt sich langsam. Beispiel: Ich plane jetzt bei entsprechender Siedlungsgröße gehobene Berufe anzustreben. Dazu kann ich Bürger aus der alten Welt anlocken (Haus, Arbeit) oder ich qualifiziere die bestehenden Kinder in einer Schule, später Uni, wozu ich am Anfang Akademiker aus der alten Welt anfordere.
Auf diese Gedanken müssen aber wohl die nächsten Überlegungen folgen. Wie sieht es mit der Geldwirtschaft aus? Das sollte so realistisch wie möglich gestaltet werden.
Mein Startkapital beträgt, sagen wir mal, 10.000. Nun muss ich von diesen 10.000 meine Arbeiter bezahlen. Im Gegenzug bekomme ich von ihnen die Produktionserzeugnisse. Jetzt ist das Geld, das ich an die Arbeiter bezahle ja aber nicht verloren, da diese mit dem Geld ihre Familie versorgen, also von mir wiederum Produkte kaufen. Über die Löhne und Produktpreise kann ich wiederrum steuern, wie viel des Geldes auf meiner Insel ich in diesem Gelkreislauf lasse. Komplexer wird dieses System natürlich, wenn ich Bürger oder Händler habe. Bei ihnen können Steuern erhoben werden, wenn man einführt, dass sie die Siedlungsbewohner auch mit Waren von fliegenden Händlern eindecken. Ein Kaufmann, der in meiner Siedlung wohnt wird von mir ebenso wenig bezahlt, wie er für mich etwas produziert. Durch ihn kann ich also meine Geldmenge vergrößern. Die Umsetzung eines solchen Feldes ist sicherlich sehr komplex, würde den Spaß aber gewaltig steigern und die Siedlungsentwicklung erschweren und der Handel mit Waren, um Gold zu erwirtschaften, würde deutlich aufgewertet werden.
Individualisierung
Meinen Langzeitspaß würden desweiteren Möglichkeiten der Individualisierung steigern. So wünsche ich mir z.B., dass es den Spieler (mich) als Spielweltfigur gibt. So könnte man als Herrscher / Bürgermeister die Ausgaben für die eigene Person bestimmen (was Auswirkungen auf die Bevölkerung haben muss), eine Privatanlage könnte gebaut werden und man könnte seine Herrschaft durch das Gründen einer Familie sichern, indem man einen Stammhalter zeugt. Man übernimmt dann seine Rolle. So könnte man eine Dynastie schaffen. Außerdem sollte die eigene Person Charakter bekommen können, indem die Entwicklung der Siedlung, der Umgang mit den Bewohnern, Gegnern ein Profil entwickeln, das sich auf Diplomatie, Militär und Herrschaft auswirken sollte.
Gesellschaft und Kultur
Für zusätzliche Motivation würden auch unterschiedliche kulturelle und gesellschaftliche Möglichkeiten sorgen. Die Bewohner könnten z.B. charakterisiert werden. Man könnte eine Staatsreligion einführen für die man gewisse Rahmen kreieren müsste (z.B. große Universität und Einstellung liberal, dann kommen Wissenschaftler / Philosophen). Man könnte die Möglichkeit haben, die eigenen Siedlung zur einer Kulturmetropole zu machen, indem man Künstler über finanzielle Unterstützung und Einrichtungen einlädt oder hervorbringt. Außerdem sollte man bestimmte Baustile auswählen können, sodass ich einen Regierungsbezirk in einem bestimmten Stil errichten kann.
Neue Weiten
Ich finde die Idee sehr gut, dass man eine neue Karte aus einem laufenden Spiel heraus besiedeln oder erobern kann. So würde die Langzeitmotivation steigen. Man könnte eine kleine Flotte mit Rohstoffen an einen Eckpunkt der Karte bringen und es beginnt quasi ein neues Spiel. Auf der neuen Karte könnte ein militärisch zu besiegender Gegner warten, oder ein ganz anderes Klima könnte andere Voraussetzungen bieten.
So könnte man z.B. einen Auftrag von einem fremden Herrscher annehmen, seine Siedlung auf der anderen karte beschützen, den Gegner vernichten oder ihm eine Produktionskette aufbauen / Insel besiedeln – natürlich gegen Honorar.
Am wichtigsten ist aber, wie gesagt, anno4 muss ein Spiel für Romantiker werden. Dann wird es ein Erfolg.
Gruß
Großer Bär